Page 23 - Sportjournal 06-2019
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Ausgabe 06 | 2019
restlichen zwei Minuten nicht mehr“, blickt sie auf Aufgeben, sondern vielmehr eine Kampfansage,
eine Schwäche zurück, die sie erkannt und die sie denn Luzie Manzke weiß genau, was sie will:
ausgemerzt hat – gemeinsam mit ihrem Vater und „2024 will ich unbedingt dabei sein. Darauf liegt
Trainer. Diese besondere Konstellation ist nicht mein hundertprozentiger Fokus. Das ist mein
immer einfach. Luzie: „Es gab Zeiten, da war es Traum, den würde ich nicht hergeben.“
sehr schwer, gerade auch, wenn es abseits der
Matte Probleme gab.“ Aber inzwischen haben die Und für dieses Ziel gibt sie alles. „Ich bin kein
beiden gelernt, damit umzugehen. Auch, weil Lu- Ausnahmetalent. Ich muss dafür arbeiten“, sagt
zie vor mehr als zwei Jahren in ihre eigene Woh- sie schlicht und zeigt doch mit diesen wenigen
nung gezogen ist. „Früher hat das Ringen ja nie ehrlichen Worten ihre ganze Leidenschaft, ihr gan-
bei uns aufgehört. Es war immer Thema.“ Jetzt zes Herzblut für diesen Sport, für diesen Traum.
könne sie auch mal abschalten. „Das ist gut für Und so arbeitet sie bis zu zehn Mal pro Woche hart
das Ringen“, so Luzie – und gut für die Vater- in ihrem „Wohnzimmer“. Und auch wenn sie kein
Trainer-Tochter-Beziehung. „Ich genieße es sehr, Training hat, ist sie trotzdem manchmal da. „Wenn
dass mein Vater auch mein Trainer ist.“ ich frei habe, komme ich immer gerne hierher.“
Das klingt zwar im ersten Moment komisch, ist es
Ein besonderer Moment für beide war das Finale aber nicht. Denn wer ist nicht gerne in seinem
bei der U23-EM in diesem Jahr, das genau auf Wohnzimmer, zumal, wenn er sich dort seine
den 50. Geburtstag von Vater Michael fiel. „Es war größten Träume verwirklichen kann?
unfassbar schön, wenn dein Vater in der Ecke sitzt
und du eine Medaille holst.“
Unfassbar schön – so stellt sie sich auch die Olym-
pischen Spiele vor. „2016 war ich mit der Branden-
burgischen Sportjugend in Rio bei Olympia. Da hat
es endgültig klick gemacht. Dieses Gefühl dort
kann man nicht beschreiben, dieses besondere
Flair.“ Das will sie noch einmal erleben, dann aber
als Aktive. „2020 würde ich gern dabei sein. Aber
wenn ich ehrlich bin, kommen die Spiele in Tokio
noch etwas zu früh für mich“, zeigt sich die junge
Frau erstaunlich selbstreflektiert. Aber das ist kein